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Franz von Metzler im Interview mit der F.A.Z. - 17.7.2025

„Wir halten durch“

Vor zwei Jahren zog Franz von Metzler in den Vorstand des familieneigenen Bankhauses Metzler ein. Im Interview spricht er über die großen Fußstapfen seines Vaters, Angst und Zweifel auf seinem Weg an die Vorstandsspitze und wie er Gewerkschaften in Deutschland für betriebliche Altersvorsorge begeistern will.

F.A.Z.: Herr von Metzler, ab wann werden Sie das Bankhaus leiten? 

Franz von Metzler: Im Moment fühle ich mich sehr wohl im Asset Management und will mit voller Kraft diesen Geschäftsbereich nach vorne bringen. Das ist ein absolutes Privileg. Alles Weitere wird sich zeigen. 

Aber die Frage stellt sich doch: Wann wird die zwölfte Generation der Familie Metzler die Führung des familieneigenen Bankhauses übernehmen? 

Ehrlicherweise beschäftige ich mich derzeit nicht damit, weil es nicht im Vordergrund steht. Ich bin Vorstand des Asset Managements und widme diesem Geschäftsfeld meine volle Aufmerksamkeit. Wir haben hier viel vor.

Der Vorstandssprecher Gerhard Wiesheu ist 63 Jahre alt. Sie beide haben sich doch bestimmt abgesprochen. 

Wir haben dieses Thema bisher nicht konkret besprochen. Dazu gibt es auch keinen Grund. Wir arbeiten im Vorstand eng zusammen und führen das Bankhaus gemeinsam.

Kaum zu glauben. 

Wir diskutieren jeden Tag über das Bankhaus, wie wir es weiter nach vorn bringen. Er ist Vorstandssprecher, wir sind Vorstandsmitglieder, aber wir arbeiten auf einer solchen Augenhöhe zusammen, dass ich überhaupt nicht den Drang habe, in irgendeiner Form daran etwas zu verändern. Die Zusammenarbeit im gesamten Vorstand ist sehr gut. 

Und Ihre Schwester Elena von Metzler? Sie war auch schon operativ als Private-Banking-Beraterin tätig und ist sehr präsent auf Social Media. 

Elena ist Aufsichtsrätin und Gesellschafterin. Sie setzt sich mit voller Kraft für die Bank ein. Meine Schwester ist eine gefragte Gesprächspartnerin für Familienunternehmer und eine wichtige Botschafterin unseres Bankhauses und nicht zuletzt für mich eine enge Sparringspartnerin. Worüber ich sehr dankbar bin. 

Ihnen und Elena gehören jeweils 40 Prozent am Bankhaus, das vor allem bekannt ist für sein Private Banking, also die Vermögensanlage für reiche Privatleute. Metzler betreibt aber auch Asset Management, wofür Sie seit 2023 im Vorstand verantwortlich sind. Was verbirgt sich dahinter? Fondsgeschäft? 

Ja, Asset Management kann man als Fondsgeschäft bezeichnen. Sie haben eben das Private Banking als stilprägend für unser Haus genannt. Mir ist wichtig zu betonen: Das Asset Management hat bei uns eine lange Tradition. Die Wurzeln des Bankhauses liegen eigentlich im institutionellen Geschäft. 

Also im Geschäft mit Unternehmenskunden und Kapitalmärkten. Was gefällt Ihnen persönlich daran? 

Ich mache das Asset-Management-Geschäft im familieneigenen Betrieb jetzt schon seit über zehn Jahren. Mich interessieren vor allem die großen Trends wie Nachhaltigkeit und Altersversorgung.

Das repräsentativere Geschäft, so scheint es uns, ist das Private Banking. War es Ihr Wunsch, für das Fondsgeschäft verantwortlich zu werden? 

Das kann ich mit einem ganz klaren "Ja" beantworten. Ich bin in diesem Geschäft seit 2014 beim Bankhaus Metzler tätig, nachdem ich davor einige Jahre für eine Großbank in London gearbeitet hatte. Ich bin mir sicher, dass ich dafür auch langfristig brenne. Und gerade die betriebliche Altersversorgung ist unheimlich wichtig für Deutschland. Das Bankhaus Metzler ist ein Pionier in der Pensionsfondsanlage. Wir sehen da großes Potential für uns. 

Sie verwalten im Asset Management 77 Milliarden Euro. Im Pensionsmanagement sind es Kapitalanlagen von mehr 18 Milliarden Euro von 900 Unternehmen. Das ist nicht wenig, aber der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock verwaltet mehr als 11 Billionen Dollar. Ist Blackrock für Sie ein Wettbewerber? 

Das kommt darauf an. Wir stehen im Wettbewerb zu den ganz großen Häusern, aber auch zu einer Fondsboutique, die sich auf ein oder zwei Investmentstrategien spezialisiert. Man kann sich in diesem Geschäft dafür entscheiden, rein über Größe zu kommen - oder über attraktive Nischenpositionen.

Metzler ist weder richtig klein noch richtig groß. Und es fehlt auch an Profil. Was sagen Sie zu derartiger Kritik? 

Wir haben eine klare Fokussierung im Asset Management auf die Themen Altersvorsorge und Nachhaltigkeit. Außerdem konzentrieren wir uns auf den deutschsprachigen Raum und auf Japan. Wenn man die richtigen Nischen mit zukunftsträchtigen Themen bespielt, kann man sehr erfolgreich sein. 

Haben Sie dort einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den ganz Großen? 

Absolut. Wir müssen, und das gilt für das gesamte Haus, in den Geschäftsbereichen unterwegs sein, in denen wir qua unserer Größe, Organisation, Authentizität und Kundennähe eine Wettbewerbsposition haben. Dann ist es an uns, aus der Wettbewerbsposition einen Vorteil zu machen.

Franz von Metzler
Franz von Metzler

Was ist denn Metzlers Vorteil in Bezug auf Nachhaltigkeit? Gefühlt macht das ja jeder. 

Wir sind früh gestartet, schon vor mehr als 25 Jahren, auch aufgrund unserer besonderen Kundenbeziehungen. Kirchliche Institutionen haben mit uns bereits damals Nachhaltigkeitskonzepte entwickelt. ESG hat viele Facetten, und die Erkenntnisse können in vielerlei Hinsicht bei der Kapitalanlage genutzt werden. Wir messen zum Beispiel die Temperatur eines Portfolios, um zu erkennen, wie wir bis 2050 eine Entwicklung Richtung Klimaneutralität unterstützen können.

Wie wichtig sind kirchliche Einrichtungen als Kundengruppe? 

Kirchliche Einrichtungen sind sicherlich eine große Kundengruppe für uns. Gleichzeitig gilt das auch für Versorgungswerke und Unternehmen. Insofern betreuen wir eine große Bandbreite unterschiedlichster institutioneller Kunden. Sie legen strategisch Liquidität bei uns an, bilden Altersvorsorgevermögen, suchen nachhaltige Investmentstrategien. Manche Kunden sind schon sehr lange, seit mehreren Jahrzehnten bei uns. Einige konnten wir erst in der jüngeren Vergangenheit gewinnen.

Ist das Thema Nachhaltigkeit bei Anlegern noch angesagt? Jetzt, nach Donald Trump und alldem, was sich verschoben hat? 

Da kann ich bei unseren institutionellen Kunden keine Veränderung bemerken. 

Neben Nachhaltigkeit hat sich das Bankhaus Metzler auf Altersvorsorge fokussiert. Warum? 

Wir haben bei diesen Themen meiner Meinung nach durchaus eine pionierhafte Rolle inne. Ich bin auch felsenfest davon überzeugt, dass die Aktie in Deutschland zwingend zu einem wichtigen Bestandteil der langfristigen Altersversorgung werden muss. Wir brauchen kapitalunterlegte Altersvorsorgemodelle. Unbedingt. 

Wie groß ist Ihr hauseigener Pensionsfonds? 

Der Metzler Pensionsfonds mit etwa sieben Milliarden Euro Vermögen ist der größte überbetriebliche, nichtversicherungsförmige Pensionsfonds in Deutschland. Darin haben wir für Unternehmen einer gewissen Größenordnung Pensionsverpflichtungen ausgelagert. 

Was machen kleinere Unternehmen, die ihre Pensionsverpflichtungen auslagern möchten? 

Wir hatten in der Vergangenheit sehr viele Anfragen. Für kleinere Vermögen konnten wir diese bislang nicht bedienen, weil unsere Struktur es uns nicht erlaubte. Das wäre zu kleinteilig geworden. Durch den Zukauf des Nürnberger Pensionsfonds, den wir in den Metzler Mittelstands Pensionsfonds umfirmiert haben, können wir künftig auch Pensionsverpflichtungen von kleinen und mittelständischen Unternehmen administrieren, die Kapitalanlage übernehmen und langfristig die Versorgungsansprüche verwalten. 

Was bedeutet "klein" in diesem Geschäft? 

Ein großer dreistelliger Millionenbetrag und alles darüber ist groß. Und alles, was darunter liegt, können wir künftig mit dem Mittelstands Pensionsfonds administrieren. 

Geben Sie Generationenrente und Aktienrente noch eine Chance? 

Ja. Wir bleiben da dran. Das Generationenkapital und die Reform der privaten Altersvorsorge ist mit der Ampelkoalition nicht mehr in ein Gesetz gegossen worden. Aber die SPD hatte 2018 das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG I) aufgesetzt, damals noch unter Andrea Nahles, welches die Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge, insbesondere durch die Einführung des Sozialpartnermodells, zum Ziel hatte. Zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden wurde als Teil eines Tarifvertrages eine betriebliche Altersversorgung zugelassen. Arbeitgeber müssen dabei nur noch der Beitragszahlungspflicht nachkommen, aber nicht mehr der Verpflichtung in der Zukunft. Das erlaubt es Arbeitgebern, betriebliche Altersversorgung anzubieten, die sie vorher vielleicht nicht hätten anbieten können, weil sie zu teuer oder unattraktiv hätte sein können. 

Das ist schon einige Jahre her. 

Das ist richtig. Wir haben unseren Sozialpartner-Pensionsfonds schon 2018 gegründet. Jetzt kommt er so langsam in Bewegung. Wir gewinnen Gewerkschaften und Arbeitgeber, betriebliche Altersversorgung als Teil eines neu verhandelten Tarifvertrages anzubieten. Wir haben mit dem Energieunternehmen Uniper angefangen. Im Februar 2025 kamen die Bodenverkehrsdienste der Flughäfen dazu. Durch den langen Anlagehorizont über 30, 40 Jahre und die Anlage am Kapitalmarkt ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die über Jahrzehnte entwickelte Rendite sehr auskömmlich sein wird. 

Deutschen Gewerkschaften die Angst vor der Aktie zu nehmen, verlangt einen besonderen Ehrgeiz. 

Den haben wir. Das Thema bedarf sicherlich weiterer Überzeugungsarbeit. Gleichzeitig gilt: Wenn 50 Prozent der deutschen Arbeitnehmer keine betriebliche Altersversorgung haben, ist das erschreckend. 

Welche Risiken birgt das Pensionsfonds-Geschäft für Metzler? 

Das Unternehmen muss dafür einstehen, dass es die Renten auch zahlt, oder im Falle einer Insolvenz der Pensions-Sicherungs-Verein. Zinsentwicklungen haben durch die Auslagerungen keine negativen Auswirkungen auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Unternehmen. Das ist der wesentliche Vorteil. Wir als Pensionsfondsanbieter müssen dabei unserem treuhänderischen Auftrag gerecht werden und eine risikoadjustierte Rendite für die Rentner erwirtschaften. 

Wie wichtig ist dieses Geschäft für Metzler? 

Es hat einen sehr hohen Stellenwert, weil es sehr gut zu unserem Haus passt: langfristige Ausrichtung, Solidität, Beständigkeit. Andere Häuser haben die Reißleine gezogen, weil die Politik lange nicht in die Gänge kam. Wir halten durch. In der Langfristigkeit liegt unsere Stärke. 

Eine Aktienrente gibt es immer noch nicht. Tut die Politik genug?

Wir sehen, dass hier sehr viel passiert, auch bei der privaten Altersvorsorge mit der Frühstartrente, also der monatlichen Anlage von zehn Euro in Depots für alle mindestens Sechsjährigen ab 2026. Wir merken schon, dass die Politik versteht, dass der Kapitalmarkt entlang der drei Säulen der Altersversorgung - gesetzlich, betrieblich, privat - eine wichtige Rolle spielen muss. 

Man sieht Sie und Ihre Schwester in sozialen Netzwerken oft auf dem blauen Sofa im 351 Jahre alten Bankhaus sitzen, aber mit vielen anderen jüngeren Leuten. Was sagen Start-up-Unternehmer, wenn Sie denen mit dem Thema betriebliche Altersversorgung kommen? 

Mitarbeiterbindung ist wichtig. Aber Start-ups sind in einem frühen Lebenszyklus, die betriebliche Altersversorgung steht noch nicht im Fokus. Auch wenn wir bei Metzler kein Wagniskapital geben, wollen wir Start-ups frühzeitig begleiten. Das ist auch einer der Gründe, warum wir ein Büro in Berlin eröffnet haben.

Gerade haben Sie mit Metzler DX auch einen neuen Digitalbereich in der Bank geschaffen. Warum?

Wir wollten die Initiativen rund um Blockchain, Künstliche Intelligenz, Organisations- und Prozessmanagement zentralisieren, um mehr PS auf die Straße zu bekommen. Die Einsatzmöglichkeiten und die Weiterentwicklung der Blockchain als Technologie sind sehr spannend. Wir wollen so weiter lernen. 

Wie weit sind Sie generell damit vorangekommen, das Geschäft effizienter aufzustellen? Sie mussten zuletzt 90 Cent aufwenden, um einen Euro Ertrag zu generieren, das ist eine hohe Aufwandsquote, oder? Und zwei Millionen Euro an Steuerzahlungen sind auch nicht die Welt . . .

Zu Profitabilitätszahlen machen wir seit je keine Angaben. Aber wir wollen mit Metzler DX und vielen anderen Themen unser Haus für die Zukunft effizienter aufstellen. Wir fokussieren uns auf die Geschäftsbereiche, in denen wir gut sind, und widmen uns auch den demographischen Themen. Auch wir werden über die nächsten Jahre einige wertgeschätzte Kollegen und Kolleginnen in den Ruhestand verabschieden. 

Ihre Belegschaft ist im Durchschnitt 47 Jahre alt. Finden Sie noch genügend junge Mitarbeiter?

Ja, wir stellen ein und sind ständig auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Wir wollen aber auch durch den Einsatz von mehr Technik effizienter werden. Es ist nicht immer sinnvoll, automatisch jede Stelle eins zu eins zu ersetzen. 

Wie weit sind Sie mit dem vor rund zwei Jahren begonnenen Stellenabbauprogramm von rund zehn Prozent der Mitarbeiter?

Es gibt keine fixe Zahl an Stellen, die am Ende dabei rauskommen wird, weil wir natürlich auch in Geschäftsfeldern, wo wir gut unterwegs sind oder besondere Wachstumspotentiale erkennen, Personal aufbauen. 

Wie führen Sie die Bank? Haben Sie Ziele für die Eigenkapitalrendite? 

Das Allerwichtigste für uns ist der Substanzgewinn im Haus. Das klingt möglicherweise langweilig, aber das ist etwas, was sich von unseren Vorgängergenerationen absolut nicht unterscheidet. Wir wollen Reserven bilden. Wir wollen Substanz gewinnen. Wir schaffen es, jedes Jahr die gleiche Dividende auszuzahlen und einen Großteil unseres Überschusses unseren Reserven zuzuführen, um auf mögliche schlechte Zeiten gut vorbereitet zu sein. 

Die Gesellschafter erhalten 2,3 Millionen Euro jedes Jahr, richtig? 

Genau, das ist der Betrag, den wir seit vielen Jahren an die Aktionäre auszahlen. Ich glaube, es gibt Familienunternehmen, die eine ganz andere Dividendenausschüttung haben. Den anderen Teil, der meistens ein Vielfaches dessen ist, nutzen wir wie schon erwähnt zur Reservenbildung. 

Sie fördern ja auch viel am Standort Frankfurt. Können Sie uns eine Größenordnung nennen, wie viel? 

Auch da haben wir keine Zahl im Blick, sondern wir machen einfach das, was wir für die Stadtgesellschaft als sinnvoll erachten. Wir engagieren uns gesellschaftlich, und das wollen wir als nächste Generation weiterführen. Und da treten wir natürlich auch in große Fußstapfen, die man auch erst mal ausfüllen muss. 

Haben Sie manchmal Angst und Zweifel, so ein großes Erbe fortzuführen? 

Angst und Zweifel habe ich nicht. Ich denke viel über Themen nach, weil ich natürlich eine gewisse Verantwortung spüre, aber im positiven Sinn.


Das Gespräch führten Carsten Knop, Hanno Mußler und Sarah Speicher-Utsch.

Erstveröffentlichung: F.A.Z., 16.07.2025, Nr. 162, Wirtschaft, S. 25

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