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Werbeinformation der Metzler Asset Management GmbH - 20.6.2025 - Edgar Walk

Zwischen Euphorie und Ernüchterung: Deutschlands fragiler Aufbruch

In Deutschland sprechen Akteure aus Politik und Wirtschaft derzeit gerne von Aufbruch – von der Erneuerung eines Landes, das zu lange im Modus des Status quo verharrte. Doch dieser Aufbruch droht sich als bloßer Hoffnungsschimmer zu entpuppen, wenn die politischen Institutionen nicht liefern. Die strukturellen Wachstumshemmnisse – überbordende Bürokratie, regulatorische Komplexität, schleppende Digitalisierung – bleiben ungelöst, solange die versprochene Deregulierung und Investitionsoffensive nicht konsequent umgesetzt werden.

Die Erwartung an die neue Bundesregierung ist klar – wer von Aufbruch spricht, muss handeln. Doch aus ökonomischer Sicht gilt: Nicht der politische Wille zählt, sondern die institutionelle Umsetzungskraft. Gerade in Deutschland – einem Land, das nach zwei Jahrzehnten Exportdominanz und Investitionszurückhaltung zunehmend mit strukturellen Ermüdungserscheinungen kämpft – ist Reformverzögerung kein geringfügiges Versäumnis, sondern ein ernstzunehmendes Risiko für die zukünftige Wohlstandssicherung. Die Erfahrungen unter der vorherigen Ampelkoalition mahnen zur Vorsicht: Ambitionierte Programme wurden verkündet, aber auf das Ende der Legislaturperiode vertagt – ein politischer Leerlauf, den sich eine „alternde“ Volkswirtschaft inmitten geopolitischer Spannungen nicht leisten kann.

Das Stimmungsbild: Hoffnung der Ökonomen, Skepsis der Unternehmen

Gleichwohl gibt es makroökonomische Signale, die auf eine mögliche Wende hindeuten. So verzeichnete der ZEW-Index im Juni einen signifikanten Anstieg auf 47,5 Punkte und liegt damit beinahe wieder auf dem Niveau vom März. In klassischer Lesart deutet dies auf eine verbreitete Erwartung hin, dass sich das wirtschaftliche Wachstum innerhalb der nächsten sechs Monate spürbar beschleunigen dürfte – ein Hoffnungsschimmer aus der Perspektive der befragten Finanzmarktökonomen.

Doch die Realwirtschaft bleibt bislang zurückhaltend. Weder die Einkaufsmanagerindizes noch der ifo-Geschäftsklimaindex oder der Economic Sentiment Indikator vermittelten zuletzt den Eindruck einer breit angelegten konjunkturellen Erholung. Das lässt sich historisch gut einordnen: Sentiment-Indikatoren divergieren nicht selten, insbesondere in Phasen geldpolitischer Unsicherheit, zwischen den Erwartungen der Analysten und der Einschätzung des produzierenden Gewerbes. Der Konjunkturaufschwung, so er denn kommt, findet bislang eher in den Modellen als in den Auftragsbüchern statt.

Divergenz zwischen schlechter Stimmung und gutem Wachstum?

Quellen: EUROSTAT, Metzler; Stand: 31.5.2025

Ein Blick auf die Zeitreihen unterstreicht diese Diskrepanz. Der Economic Sentiment Index verharrt um die Marke von 95 Punkten – ein Wert, der historisch mit einer wirtschaftlichen Stagnation korrespondiert. Und doch: Die harte Realität des Bruttoinlandsprodukts erzählt vorerst eine andere Geschichte. Im ersten Quartal 2025 legte das reale Wachstum auf annualisierter Basis um bemerkenswerte 1,5 Prozent zu. Ein Effekt von Vorzieheffekten vor den befürchteten US-Zöllen oder ein Signal für eine beginnende Trendwende?

Entscheidend wird sein, ob die für Juni anstehenden Unternehmensumfragen eine echte Stimmungsaufhellung zeigen. Sollte dies der Fall sein, spricht vieles dafür, dass die bisherigen Skepsis-Werte des Sentiment Index die tatsächliche Konjunkturdynamik unterschätzt haben – mit Implikationen auch für die Geldpolitik der EZB. In einem solchen Szenario wäre eine weitere Leitzinssenkung möglicherweise nicht mehr opportun.

Sollte sich dagegen keine Verbesserung der Geschäftslage abzeichnen, wäre Vorsicht angebracht: Die Gefahr eines negativen Wachstums im zweiten Quartal wäre real und ein Rückfall in das Narrativ der Rezessionsvermeidung, das Europa seit der Energiekrise begleitet.

Für die EZB ergäbe sich dann ein geldpolitischer Imperativ. Zwei weitere Zinssenkungen könnten notwendig werden, um die Nachfrage zu stützen und die rezessiven Tendenzen zu bremsen.

Doch Geldpolitik allein wird den erhofften Aufbruch nicht garantieren. Was fehlt, ist ein neues wirtschaftspolitisches Narrativ. Eines, das Investitionen nicht als konsumtive Durchlauferhitzer versteht, sondern als strategische Hebel zur Resilienzbildung einer alternden, geopolitisch exponierten Volkswirtschaft. Ohne mutige Strukturreformen bleibt der konjunkturelle Hoffnungsschimmer ein Strohfeuer: Aus Aufbruch wird Abbruch.

USA: Die Last der Zinsen - monetäre Bremse auf dem Prüfstand

Die US-amerikanische Wirtschaft beginnt unter dem Gewicht der restriktiven Geldpolitik sichtbar zu ächzen. Wie so oft sind es die zinsabhängigen Sektoren, die zuerst Signale senden – diesmal sendet der Immobilienmarkt einen geradezu lehrbuchhaften Warnruf. Sowohl im Segment der Neubauten als auch bei Bestandsimmobilien zeigen sich rezessive Strukturen: Verkaufszahlen sinken, Lagerbestände steigen, die Zahlungsbereitschaft der Käufer schrumpft. Es ist der klassische Reflex auf monetäre Enge – also Zinsen, die nicht mehr stimulieren, sondern strangulieren.

Doch der Wohnungsmarkt ist nicht allein. Auch der private Konsum, das Herzstück der US-amerikanischen Konjunktur, zeigt erste Risse. Bis in den April hinein konnte sich der Binnenkonsum noch durch eine Art vorauseilenden Importboom behaupten: In Erwartung neuer Zölle auf ausländische Waren griffen viele Amerikaner beherzt zu. Dieses künstlich beschleunigte Konsummuster scheint nun jedoch zu verebben – zurück bleibt eine Kaufzurückhaltung.

Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen, die geldpolitische Entspannung fordern. Der Kern-PCE-Deflator – die von der Fed bevorzugte Messgröße für die zugrunde liegende Inflation – dürfte im Mai mit einem monatlichen Plus von nur 0,1 % ein klares Signal liefern: Die Preisdynamik lässt nach, möglicherweise schneller als die Währungshüter erwartet haben.

Doch die US-Notenbank zögert. Und sie zögert nicht ohne Grund. Die Komplexität der Lage verbietet vorschnelle Maßnahmen. Die jüngsten Importzölle der US-Regierung – geopolitisch motiviert, fiskalisch ambivalent – entfalten ihren preistreibenden Effekt mit Zeitverzug. Wie stark dieser Effekt sein wird, ist ökonomisch kaum abzuschätzen. In einem solchen Umfeld Leitzinsen zu senken, birgt Risiken: Es könnte der fatale Eindruck entstehen, die Geldpolitik folge politischen Direktiven statt ökonomischer Evidenz – insbesondere angesichts der öffentlich formulierten Forderungen aus dem Weißen Haus.

Eine voreilige Kehrtwende in der Zinsstrategie könnte als geldpolitische Preisgabe der Unabhängigkeit interpretiert werden. Und in einem Umfeld, in dem die globale Glaubwürdigkeit der Federal Reserve systemisch ist, wäre das ein Spiel mit dem Feuer. Die Federal Reserve steht daher vor einem Dilemma, das nicht technischer, sondern institutioneller Natur ist. Soll sie auf die konjunkturellen Realitäten reagieren – oder auf die fiskalischen Verwerfungen, die durch politische Maßnahmen geschaffen wurden? Der Pfad dazwischen ist schmal. Und jeder falsche Schritt könnte das fragile Gleichgewicht zwischen Wachstum und Preisstabilität zerstören.

Japan: Die schleichende Entwertung des Sparens

Die Konstellation, die sich derzeit im japanischen Währungsraum abzeichnet, könnte kaum widersprüchlicher wirken: Während die Verbraucherpreise in der Region Tokio im Mai um 3,4 % gegenüber dem Vorjahr zulegten, verharrte der Leitzins der Bank of Japan bei 0,5 %. Daraus ergibt sich ein realer Zinssatz von deutlich unter null – ein Umstand, der in klassischen ökonomischen Modellen als starker Stimulus für Konsum und Kreditaufnahme gilt.

Doch genau das bleibt bislang aus. Die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten abgeschwächt. In einem wirtschaftspolitischen Umfeld, das von geopolitischer Unsicherheit – insbesondere mit Blick auf die handelspolitischen Spannungen mit den USA – sowie von unklaren Inflationspfaden in Japan selbst (Stichwort: Deflationspsychologie) geprägt ist, scheinen sowohl Unternehmen als auch Konsumenten Zurückhaltung zu üben. Damit sind die Inflationsrisiken infolge einer hohen Kreditvergabe begrenzt.

Die Theorie sagt aber auch: Bei negativen Realzinsen lohne es sich nicht zu sparen. Hinzu kommt, Japans Arbeitsmarkt bleibt robust und die Löhne ziehen erstmals seit Jahren spürbar an. Eine Entwicklung, die unter normalen Umständen den privaten Konsum beflügeln müsste.

Und tatsächlich: Die jüngsten Daten zu den Einzelhandelsumsätzen deuten darauf hin, dass der Konsum auf einen soliden Wachstumspfad einschwenken könnte. Sollten immer mehr Sparer auf dem Pfad einer hohen Konsumneigung infolge der negativen Realzinsen wandeln, könnten daraus tatsächlich Inflationsrisiken entstehen. In kommenden Monaten dürften hierfür sehr aufschlussreich sein.

Edgar Walk
Edgar Walk

Chefvolkswirt , Metzler Asset Management

Edgar Walk arbeitet seit 2000 bei Metzler. Als Chefvolkswirt im Bereich Asset Management ist er für die volkswirtschaftlichen Prognosen verantwortlich. Aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Portfoliomanagement liegt sein Fokus neben der volkswirtschaftlichen Analyse verstärkt auf Kapitalmarktthemen. Vor seiner Anstellung bei Metzler studierte Herr Walk in Tübingen Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Regionalstudien Ostasien und Japan. Zur Vertiefung seiner Studien verbrachte er ein Auslandssemester an der Doshisha-Universität in Kyoto (Japan). Am Institut für Weltwirtschaft in Kiel absolvierte er anschließend den Aufbaustudiengang „Advanced Studies in International Economic Policy Research“.

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